DANKE

M: Was ich noch schreiben wollte. Danke. Ich bin beeindruckt von der Unterstützung die uns gemeinsam mit euch lieben Unterstützerinnen in Velika Kladusa gelungen ist. Insgesamt wurden etwas über 10.000 Euro gespendet die wir für Medikamente, Ärztinnen, Unterwäsche, Essen, Transport, Unterbringung etc. ausgegeben haben. Ausserdem gab es in der Zeit aus Österreich einige Spendentransporte die uns wieder mit Hosen, Pullis, Jacken, Socken und viele mehr versorgt haben. So dass wir beinahe die ganze Zeit gut versorgen konnten.

Ich hoffe ihr seid weiter motiviert gemeinsam an den Schrauben der ungerechten Verteilung von Rechten und Ressourcen zu drehen. Es gibt viel zu tun an allen Ecken und Enden. Ich hoffe einiges davon werden wir gemeinsam tun.

Ach ja… und eventuell wird dieser Blog von einer Freiwilligen in VK weitergeführt. Werden sehen.

Alles Liebe

 

Zurueck hinter den Mauern der Festung

M:Seit Samstag sind wir nun zurueck. Wie sicher sich alles anfuehlt, wie wenig hier passiert was auch nur irgendwie bedrohlich ist. Schon erstaunlich das jetzt mit neuer Erfahrung und einer gewissen Distanz zu fuehlen. Erstaunlich das trotz der irre grossen Sicherheit in der wir Leben mit Angst Politik gemacht werden kann.

Das Gefuehl einfach gehen zu koennen, einfach in das Land gehen zu koennen in das ich moechte -ohne – Hindernisse macht mich traurig und ein grosses Schuldgefuehl draengt herein. All die tollen Menschen die ich kennengelernt habe koennen das nicht. Sie werden weitere zig male versuchen Bosnien zu verlassen, werden weitere zig Gewalterfahrungen machen muessen. Und dann – inshallah irgendwo ankommen wo es in den meisten Faellen auch nicht viel besser ist.

Die Situation grundlegend zu veraendern ist die einzige Moeglichkeit. Eine unloesbare Aufgabe, ein Spiel gegen alle Machthaber*innen, alle Profiteur*innen. Und die sind gross und stark. Macht aber nix. Steter Tropfen höhlt den Stein wie mensch so schön sagt. Und Alternative zum weitertun gibt es ja schliesslich auch keine.

Und trotz des Gefühls dass es scheissungerecht ist, dass ich hier hinter der Festungsmauer ein wunderschönes Leben habe geniesse ich gerade jeden Augenblick. Jedes Zwitschern der Vögel, jedes Kinderlachen und jeden Sonnenstrahl. Das ist, was ich tun kann.

Und nicht mehr aufhören Velika Kladusa zu spüren, zu unterstützen und für diese Menschen zu kämpfen wann und wo auch immer ich kann.

 

letzter tag

l: nun ist wirklich der letzte tag. krass, wie schnell die zeit vergangen ist und wie lange sie gedauert hat.

gestern hatten wir nochmal den shop offen. dann gab es aber vor dem restaurant einen angriff auf einen marokkaner – mit messer und dem versuch, seine sachen zu klauen. er war ganz fertig und ängstlich. wir haben dann sowas wie firstaid gemacht und den shop anschließend geschlossen. auch heute machen wir deshalb zu. das passt uns aber ganz gut, weil jetzt haben wir noch den tag um alles gemütlich abzuschließen und auch innerlich immer mehr rauszugehen. heute sind wir durch die stadt spaziert (eigentlich hatten wir um 8.00 eine verabredung mit einem, dem seine schulter ausgerenkt wurde – er wurde vom fluss mitgerissen und gegen einen stein geschlagen – um ultraschall machen zu lassen. leider ist er aber nicht aufgetaucht.). die sonne hat gescheint und ich hab an unterschiedlichen punkten in der stadt erinnerungen der letzten wochen hochkommen lassen. so unterschiedlich war die zeit hier. so viel verschiedene zustände und erfahrungen.

ich bin so froh, dass wir hierhergefahren sind. ich weiss, das es sinn macht, auch wenn es nicht viel ist, was wir tun können. die jungs sind einfach so dankbar, dass da irgendwer ist, der zumindest versucht, sie wahrzunehmen und ihre situation nicht einfach hinnehmen.

das, was in unserer welt passiert, darf eigentlich nicht passieren und trotzdem passiert es. das versteh ich einfach nicht. sie könnte so schön sein, wenn wir nur wagen würden, sie anders zu gestalten.

 

Abschließen

M: Unsere Tage hier sind gezählt! Am Samstag schon werden wir VK verlassen, dass sich zwischendurch wie zu Hause anfühlt. Und manchmal so gar nicht. Ein Ort an den Grenzen der Festung Europa, der abstoßend wirken soll und das oft auch tut. Und in manchem auch so schön ist wie ich es selten wo erlebt habe. Viele Begegnungen hier sind einfach unglaublich.  Die Menschen aus VK die sich hier, unter solchen Umständen konstant und unnachgiebig für die Menschen am Weg einsetzen, beeindrucken mich unglaublich. Trotz Gegenwind.Die Geschichten dieser Menschen nehme ich mit in mir, wie ein Samenkorn, dass ich im richtigen Moment säen kann und mich mit der Kraft verbindet die diese Menschen seit Monaten bewegt.

Dafür fühle ich viel Dankbarkeit. Gleichzeitig fühlt es sich auch gut an zu gehen und an vieles hier in der Arbeit in Österreich und innerhalb der Festung anschließen zu können. So jetzt gehts für mich los in den Tag. Einen Tag der mit Sonnenschein begonnen hat.

 

l: es hat ein bisschen gedauert bei mir, bis ich nach einem wochenende off wieder hier ankommen konnte. das war wie ein kleiner schritt raus und es hatten schon die ersten wirkungen angefangen und dann wieder zurück. puhh. aber nach 1-2 tagen ging es gestern dann wieder ganz gut. ich bin wieder in soetwas wie einen rythmus gekommen. und ausserdem ist nun klarer, dass menschen kommen werden, die das weiterführen, was wir grade machen. das fühlt sich gut an.

ich kann mir grade noch gar nicht vorstellen, wie es ist, alleine zu sein. wie es ist, nicht ständig angesprochen zu werden, nicht von menschen umgeben zu sein, die alle nicht das bekommen und sich nicht das holen können, was sie brauchen.

noch drei tage hiersein. am vierten tag werden wir dann abgeholt. es fühlt sich nach einem guten zeitpunkt an zu gehen. dann können neue volunteers wieder neuen wind reinbringen. und es wird immer auch irgendwie weitergehen. mal schauen, was unsere aufgabe darin sein wird – das wird sich zeigen… und ihr werdet davon hören:)

Deportationen

M: Am Freitag haben wir spontan beschlossen für 2 Tage rauszufahren aus VK. Das haben wir gemacht. Handy aus, Computer aus. Schlafen, Essen, Natur. Mal runterkommen, oder zumindest in die Nähe davon. Auch wenn die Nächte vollgestopft sind mit Bildern und Unruhe tut es gut mal Abstand zu nehmen.

Die letzte Woche war von viel Unsicherheit geprägt. Die rassistischen Angriffe in die ich am Wochenende verwickelt war sind die ganze Woche weitergegangen. Jeden Abend wurden Menschen auf der Reise auch noch ihr letztes Geld, ihre letzten Zigaretten geklaut. Auch Unterstützer*innen wurden angegriffen.

Jetzt haben Freund*innenn schon einiges unternommen um gegenzulenken und wir werden sehen wohin sich diese Situation entwickelt.

Gut ist, dass sich eine tolle Person um die Heimreise des toten Körpers kümmert und dass das bereits in die Wege geleitet ist. Gut ist auch dass  Hamids Freunde seinen Körper sehen und sich nochmal verabschieden konnten.

So traurig es ist.

Am Freitag ist auch die Nachricht gekommen, dass die Autoritäten beschlossen haben alle ca. 4000 Menschen am Weg, die sich im Una-Sana Kanton befinden, gesammelt nach Sarajewo zu bringen und den Kanton Una – Sana dicht zu machen.

Wie und wann das passieren soll ist noch völlig unklar.Quelle Bild

hui

l:

also zumindest hat heute die sonne gescheint. (ich wollte auch mal wieder was positives schreiben:)

und es wird wieder ein materiallager in zagreb (und auch früher oder später in karlovac) geben. dass heisst, es kann gerne weiter gesammelt werden.

top sammel sachen:

Smartphones!, Schuhe!!! (Wasserfest 40-44), Jacken (S und M), Hosen (S und M) – Röhrenjeans und auch Schihosen, T-Shirts (S und M), Pullover (S und M), Gürtel, Handschuhe, Hauben, Socken, Medizinisches Zubehör, Geld.

genau. und sonst so?

zwei pakistani sind heute in der firstaid aufgetaucht. die waren 30 tage im schnee und einer war bereits ohne herzschlag (irgendwo in slovenien). sie haben massive erfrierungen und mussten von der militärpolizei gerettet werden. wir haben sie jetzt auch erstmal im hotel für eine nacht untergebracht. aufwärmen.

im shop wars heute anstrengend. es gibt so tage, da sind viele irgendwie so unentspannt und ungeduldig und wir auch und dann entlädt es sich auch an manchen stellen und das ist zwar nicht fair, aber was solls. wir haben auch ein limit. und machmal wird das erreicht.

und da noch was feines, was gebastelt worden ist:

Valentinskarten

da kann man valentinskarten (für single und in beziehung) bestellen und die kohle geht an hier!

 

wieder aufgetaucht

l:

jetzt ist der mensch, den wir vermisst hatten, wieder aufgetaucht. und er lebt und ist verletzt, aber er ist wieder in sicherheit. das ist gut und hat uns eine nacht mit tiefem schlaf gelassen. damit sieht die welt heute schon wieder etwas besser aus. genug schlaf ist ganz schön essenziell muss ich sagen.

nach wie vor ist unklar, wie das alles hier weitergehen wird. aber mittlerweile kann ich besser mit dieser unklarheit leben. ich lerne hier das offensein für das, was kommt, in extremform. und das, obwohl ich doch so gerne plane und vorausschaue. das geht hier nicht. gefühlt jede minute ändert sich alles wieder. und das ist auch nicht schlecht und nicht gut, sondern es ist einfach so. und alles, was ich tun kann, ist, mich darauf einzulassen.

 

und der tod in vk

l:

gestern früh bekamen wir ausserdem eine nachricht: ein mensch in miral ist gestorben.

nach ein wenig zeit hatte sich einiges herausgestellt: wir kannten die person. Hamid.

und wir kennen seine nächsten freunde. sie waren vor wenigen tagen gepushbacked worden.

er hat eine 5 jährige tochter in algerien.

es war ein autounfall um 5.30 morgens ganz in der nähe vom miral camp.

wir haben seine nächsten freunde in einem hotel untergebracht. in deren armen er starb und die teilweise von dem gesehenen (zähne auf der straße verstreut – ewig viel blut) einen schock hatten. einer meinte, dass er seit 2 jahren wieder in einem normalen bett schläft. duschen, frisches gewand, essen.

das ist das, was wir tun können.

was ist passiert? sie erzählen es uns:

sie waren zusammen vorm miral. hamid hatte gerade mit seiner tochter telefoniert und war aufgeregt und unruhig. verzweifelt über seine situation. und dann ist er die straße entlanggegangen und plötzlich kam ein auto und es hat ihn in der luft rumgeschleudert bis er zum liegen kam. kopf auf die straße. er lebte aber noch.

seine freunde sind sofort zu den miral-camp-securities am eingang gelaufen. bitte bitte, ruf die rettung! und der typ dort hat das nicht gemacht, hat sie nicht ernst genommen und einfach die tür zugemacht.

danach sind sie zur tankstelle und die lady dort hat die polizei gerufen. die kam dann auch. war sicher 15min vor ort, hat den körper des schwerverletzen in das auto gelegt und dann, als viel zu spät die rettung kam, den körper wieder in die rettung. im rettungsauto, in den armen seiner freunde, ist hamid dann verstorben.

der gestrige tag war davon geprägt, herauszufinden, wo der körper ist, wie er nach algerien kommt, was wir für seine freunde tun können, wer da welche verantwortung trägt, wie wir das öffentlich machen können usw. und dann noch der abend, von dem mira berichtete. puh. das haut rein, ehrlich.

Rassismus in VK

M: Es ist gerade ziemlich warm hier. Es liegt kein Schnee und der Fön bringt unangebrachte Wärme mit. Verschwitzt bin ich aufgewacht. Die Wärme und die Erinnerung an den gestrigen Abend machten meinen Schlaf kurz und unruhig. Ich musste immer wieder an den gestrigen Abend denken und an I., den wir nicht finden konnten. Nach einem ziemlich schlimmen Tag (näheres kommt später) hatten wir uns mit ein paar Leuten getroffen um uns zu sehen, miteinander einzuchecken und weiteres zu besprechen als wir Schreie von draussen hörten. Eine Gruppe von Menschen auf der Reise wurde von drei bosnischen Männern angegriffen und verletzt. Mitten hinein mussten wir in den rassistischen Angriff. Schreie, Schläge, Menschen in Angst, Menschen in Wut. Moneymoney ruft einer der drei Bosnier mir zu und droht mir. Ich weiche aus. Chaos, es wird gelaufen, die Polizei kommt. Die Situation löst sich auf und doch bleibt ein Mensch verschwunden, ein verletzter Mensch, ein Mensch auf der Flucht.

Wir konnten ihn einfach nicht finden, die Polizei auch nicht und ich hoffe er hat sich irgendwo versteckt und ist heute Morgen wieder in seiner Unterkunft.

Diese Situationen häufen sich, hat uns F. kurz nach dem Überfall erzählt. Geflüchtete Menschen werden immer öfter auf der Straße überfallen. Es wird ihnen ihr Geld gestohlen und ihre Handies. Sie werden verletzt und bedroht.

Wie gut das aufzeigt was hier los ist. Die Menschen, die hier nie bleiben wollten, die weiterwollen nach Europa, werden hier zum leichten Opfer. Wer weiss schon wieviele Menschen hierherkommen? Wer weiss wie all diese Menschen heißen und was sie für Geschichten in sich tragen?

Damit wird von den rassistischen Angreifern auch keine allzu schwere Konsequenz erwartet, falls sie bei ihrem Tun erwischt werden würden. Sie denken sich wohl dass die Polizei für die Migrant*innen sowieso nicht viel tun würde. Und wahrscheinlich haben sie da grausamerweise ziemlich recht.

 

Dringend Freiwillige gesucht!

Hier der call out for volunteers.

Gerne weiterleiten!!!

aufruf

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DANKE!!!